Das Humanistenzimmer


Das Humanistenzimmer stellt herausragende Zeitgenossen Melanchthons aus der Wissenschaft und Kunst vor: Rechtsgelehrte, Ärzte, Philosophen, Philologen, Mathematiker, Astronomen und Dichter. Schon diese Aufzählung verdeutlicht die Vielfalt der wissenschaftlichen Begabungen und Interessen des Universalgelehrten Melanchthon. Die Darstellung der humanistischen Bewegung in der frühen Neuzeit auf den Wandfriesen folgt der Vorstellung des Neuhumanismus aus dem 19. Jahrhundert. Danach war der Humanismus als eine literarische Bewegung vor allem eine Besinnung auf die Quellen der Antike („Ad fontes!“). Im Porträt dargestellt sind: Johannes Reuchlin (1455—1522), Desiderius Erasmus von Rotterdam (1466/67—1536), Ulrich von Hutten (1488—1523), Helius Eobanus Hessus (1488—1540), Gregor Brück (1485/86—1557), Hieronymus Baumgartner (1498—1566), Joachim Camerarius (1500—1574), Jakob Milich (1501—1559), Franz Burkhard (um 1504—1560), Georg Sabinus (1508—1560), Johann Crato von Krafftheim (1519—1585) und Kasper Peucer (1525—1602).

  • Die Wappensiegel der juristischen, medizinischen und der …
    ... philosophischen Fakultät

    Über den Türen finden sich Abbildungen von Wittenberger Fakultätssiegeln: über der südlichen Tür das Siegel der juristischen Fakultät mit dem Heiligen Ivo als Schutzpatron und daneben das der medizinischen Fakultät mit den Schutzherren St. Cosmas und St. Damian. Über der nördlichen Tür befindet sich das Siegel der philosophischen Fakultät mit der Heiligen Katharina als Schutzpatronin.

    Wie im Theologenzimmer sind die Bücherschränke mit Familienwappen berühmter Persönlichkeiten verziert. Neben Wissenschaftlern der Melanchthonzeit werden hier auch Künstler wie Albrecht Dürer und Lukas Cranach gewürdigt. Originalzitate Philipp Melanchthons unterstreichen seine Wertschätzung für die im 16. Jahrhundert neu aufblühenden Wissenschaften. Auf dem zentralen Bücherschrank ist zu lesen:

    Wie glücklich die Staaten, wie glücklich die Kirche, wenn bestände feste Einigkeit zwischen den Gelehrten im Guten und wahre Eintracht.

    Auf der Südwand des Humanistenzimmers werden mit einem großformatigen Zitat die Rechtswissenschaften gewürdigt:

    Um Gottes willen muss man die Weisheit des Rechts hoch verehren. Denn wahrhaftig sind die Gesetze und die staatliche Ordnung Werke der göttlichen Weisheit und Gerechtigkeit und Zeugnisse von der göttlichen Vorsehung innerhalb der Menschheit.

    Ich ermahne die Jugend, die Gesetze und die Rechtskundigen zu lieben und in hohen Ehren zu halten.

    Auf der Westwand wird an die Bedeutung der Medizin erinnert:

    Dies ist vor allem der Heilkunde hohes Lob, dass sie göttlichen Ursprungs ist. Weil aber die Heilige Schrift solches Lob nur dieser Kunst spendet, so wollen wir nicht zweifeln, dass sie durch ihre Würde und ihren Nutzen alle anderen Künste übertrifft.

    Die Heilkunst steht nicht im Widerspruch mit der Frömmigkeit, sie legt vielmehr mannigfaltiges Zeugnis von Gott ab. Denn der Arzt sieht, dass die mit höchster Kunst erschaffene Natur mitnichten durch den Zufall entstanden ist, und dass nach Gottes Willen mit Hilfe der Heilkunst viele Menschen erhalten werden.

    Auf der Nordwand unterstreicht Melanchthon die Bedeutung der Philosophie:

    Ich bin ganz und gar der Meinung, dass wer in geistlichen oder weltlichen Dingen etwas unternehmen will, sehr wenig ausrichten wird, wenn er nicht zuvor seinen Geist in den humanen Wissenschaften — so nämlich bezeichne ich die Philosophie — umsichtig und reichlich geübt hat.

    Um Gottes Ehre willen, die uns höher stehen muss als alles andere, und um der Kirche Heil willen, das uns teuer wert sein muss, beschwöre ich euch, die vorzüglichen Wissenschaften, die in der Philosophie beschlossen sind, zu erhalten und mit größtem Eifer zu betreiben, auf dass ihr ein festes Wissen gewinnt, das euch und der Menschheit frommt.