Gedächtnishalle


Über dem Eingang zur Gedächtnishalle steht der Wahlspruch der Kurfürsten zu Sachsen, der ersten Schirmherren der evangelischen Kirche: „Des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit.“ (1 Petr 1, 25).

Der sich über fast das gesamte Erdgeschoss erstreckende Raum orientiert sich wie die Fassade an der Formensprache gotischer Architektur. Die beiden Rundpfeiler der zweischiffigen Halle stützen ein Kreuzrippengewölbe. An das westliche Schiff schließt sich im Süden eine polygonale Apsis mit einem Altar an. Die Gedächtnishalle kann somit zugleich als Gottesdienststätte genutzt werden.

  • Die Wandgemälde erzählen das Leben Melanchthons in ausgewählten Szenen und sind ein spätes Zeugnis für die Historienmalerei in der Tradition des 19. Jahrhunderts. Die großformatigen Bilder waren ein Teil des ursprünglichen Konzepts Nikolaus Müllers, konnten aber erst nach dem Ersten Weltkrieg von dem Karlsruher Kunstprofessor August Groh (1871–1944) ausgeführt werden.

    Die Szene von Luther an Melanchthons Krankenbett zeigt das besondere Verhältnis der beiden Wittenberger Reformatoren. Melanchthon war Luther dafür dankbar, dass er von ihm „das Evangelium gelernt“ habe. In der Trauerfeier für seinen verstorbenen Freund am 22. Februar 1546 und in der akademischen Rede vom 11. November 1548 würdigte Melanchthon schließlich Luther als herausragenden Repräsentanten des fünften Zeitalters der Kirchengeschichte, in dem Gott die Kirche wieder zu ihren Quellen zurückgerufen habe. Bis zu seinem eigenen Tod im Jahr 1560 setzte sich Melanchthon trotz vielfältiger Anfeindungen weiter unbeirrt für das Anliegen der Reformation Luthers ein.

    • Melanchthon am Marktbrunnen im Gespräch mit fahrenden Schülern
    • Übergabe der von Melanchthon verfassten Confessio Augustana an Kaiser Karl V. am 25. Juni 1530
    • Eröffnung der „Oberen Schule“ (heute Melanchthon-Gymnasium) am 23. Mai 1526 in Nürnberg
    • Besuch Melanchthons in seiner Vaterstadt in Bretten im Sommer 1524
    • Martin Luther betet für die Genesung seines schwer erkrankten Freundes Philippus, Weimar 1540
  • Um 1960: Blick in den Chor mit einfachen Glasfenstern und den Standbildern von Philipp Melanchthon und Martin Luther
    Die Statue von Martin Bucer im Berliner Atelier von Fritz Heinemann

    ​Die Reformatoren-Standbilder der Gedächtnishalle sind aus südfranzösischem Sandstein gearbeitet und wurden von den Berliner Bildhauern Fritz Heinemann und Richard Grüttner im Eröffnungsjahr 1903 in klassizistischer Tradition geschaffen. Fritz Heinemann war der Schöpfer von zahlreichen Denk- und Grabmälern, Porträtbüsten und Genrefiguren. Die Reihe der überlebensgroßen Reformatoren-Statuen aus der Werkstatt Heinemanns und Grüttners stehen in der Tradition der Reformationsdenkmale im 19. Jahrhundert. Ein herausragendes Beispiel ist das 1868 eingeweihte Wormser Luther-Denkmal von Ernst Rietschel.
    Die Reformatoren-Statuen als Gruppe (von links nach rechts): Martin Luther, Martin Bucer, Johannes Calvin, Justus Jonas, Johannes Bugenhagen, Johannes Brenz und Philipp Melanchthon

    Die Statuen der Wittenberger Reformatoren um Philipp Melanchthon (Martin Luther, Justus Jonas und Johannes Bugenhagen) sind mit ihrem Blick auf den Universalgelehrten aus Bretten ausgerichtet. Melanchthon selbst steht mit seinem linken Fuß auf zwei Büchern: der Heiligen Schrift und der Nikomachischen Ethik des Aristoteles. Er ist als Reformator dargestellt, der mit seinen Aristoteles-Kommentaren zugleich zu einem führenden Gelehrten in den ethischen und politischen Diskussionen seiner Zeit wurde. Hinter den Wittenberger Reformatoren in der Gedächtnishalle befinden sich die Statuen des Württembergers Johannes Brenz, des Elsässers Martin Bucer und des Genfer Theologen Johannes Calvin.
  • Chorraum mit Altar
    Altarmosaik mit Melanchthon-Wappen

    ​Der Altar ist aus weißem Marmor gearbeitet. Auf der Frontseite befindet sich ein Mosaik mit der erhöhten Schlange, dem Wappen Melanchthons. Nach einer Erzählung aus dem Alten Testament (Num 21,4-9) soll der Anblick der an einem Pfahl aufgehängten ehernen Schlange vor dem Tod durch Giftschlangen schützen. Jesus nimmt in seinem Gespräch mit Nikodemus (Joh 3, 14f) Bezug auf diese Geschichte: „Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“

    Ethicae Doctrinae Elementa (1586)
    Detailansicht des Melanchthon-Wappens

    ​Als Wappensiegel Melanchthons ist das Motiv mit der erhöhten Schlange seit 1519 belegt. Unter den Humanistenwappen erscheint es 1520/21 in der Erfurter Matrikel. Ab 1526 ziert es die Druckschriften Melanchthons. 
  • ​Die ursprüngliche Chorverglasung wurde gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört. Auf Anregung des Melanchthonvereins wurde die farbige Verglasung der Chorfenster im Jahr 1997 zum 500. Geburtstag Melanchthons wiederhergestellt.

    Die Rekonstruktion folgte Entwürfen von Fritz Geiges, die in einem Freiburger Archiv gefunden wurden. Der südbadische Künstler und Spezialist für mittelalterliche Glasmalerei hatte schon 1903 in seinem Atelier die farbigen Chorfenster geschaffen. Auch die Rekonstruktionen von 1997 mit den Darstellungen der Apostel Paulus (links) und Petrus (rechts) und dem Christus-Fenster in der Mitte verweisen auf die Stifter aus dem badischen Herrscherhaus: Großherzog Friedrich mit Gemahlin Luise und Erbgroßherzog Friedrich mit Gemahlin Hilda.
  • Die sieben Schlusssteine im Gewölbe der Gedächtnishalle zeigen die Wappen der sieben evangelischen Reichsstände, die schon am 23. Juni 1530 das „Augsburger Bekenntnis“, die erste evangelische Bekenntnisschrift, unterzeichnet hatten. 

    • Johannes, Herzog zu Sachsen
    • Georg, Markgraf zu Brandenburg
    • Ernst, Herzog zu Lüneburg
    • Philipp, Landgraf zu Hessen
    • Wolfgang, Fürst zu Anhalt
    • Die Stadt Nürnberg
    • Die Stadt Reutlingen