Universität

Philipp Melanchthon wirkte über 40 Jahre an der Wittenberger Universität. Die Bildungsreformen aus dieser Zeit machten ihn zur zentralen Gestalt im deutschen Universitätswesen. Dem humanistischen Ideal folgend forderte Melanchthon eine universelle Bildung: Zu den sieben traditionellen Studienfächern Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik sollten das Studium der alten Sprachen, Geschichte und Poesie hinzukommen.

De artibus liberalibus oratio. Hagenau 1518. Schon in seiner ältesten erhaltenen Rede, die er im Wintersemester 1517 in Tübingen hielt, erweiterte Melanchthon die sieben freien Künste um die Fächer Geschichte und Poesie. Diesem erweiterten humanistischen Bildungskanon wurden die neun Musen der klassischen Mythologie zugeordnet.
Als Professor befasste er sich neben Griechisch und Hebräisch auch erfolgreich mit Theologie, Rhetorik, Geschichte und den Naturwissenschaften. Seine Weltgeschichte Chronicon Carionis hat das Geschichtsbild vieler Generationen geprägt. Als Astronom setzte sich Melanchthon mit Kopernikus auseinander. Er ließ dessen gerade bekanntgewordenes heliozentrisches Weltbild lediglich als Hypothese gelten, übernahm aber seine astronomischen Berechnungen und Beobachtungen für sein Lehrbuch der Physik.

Melanchthon war zudem an der Wittenberger Universitätsreform maßgeblich beteiligt. Seine Wittenberger Statuten dienten an vielen Orten als Leitlinien für die Gründung oder Neuordnung von wissenschaftlichen Hochschulen. Selbst der dänische König Christian III. veranlasste, dass die Universität Kopenhagen nach Melanchthons Vorstellungen neu organisiert wurde.

Bei seinen Reformen lag Melanchthon vor allem die Betreuung der Studienanfänger am Herzen: Die jungen Studenten sollten von Tutoren in ihrem Studium begleitet werden. Ein Leben lang betreute er persönlich Schüler, die zusammen mit seiner Familie in seinem Haus wohnten und die er auf das Studium an der Universität vorbereitete.
Chronica Carionis. Vom Anfang der Welt bis Kaiser Karl V. (1573).
Titelseite und Vorrede mit einem Altersporträt Melanchthons von Lucas Cranach.

Der Berliner Hofastrologe Johann Carion (1499—1538), ein Tübinger Kommilitone Melanchthons, schickte ihm 1531 das Rohmanuskript einer deutschen Chronik. Melanchthon überarbeitete es und ließ es 1532 drucken. Das Werk erschien in der Folgezeit in mehrfach revidierten und erweiterten Neuauflagen. Melanchthon publizierte das Geschichtswerk trotzdem weiter unter dem Namen Carions. Ab 1555 hielt er an der Wittenberger Universität eigene Vorlesungen über Weltgeschichte.