Schulwesen

Mit der Reformation wurde das bestehende mittelalterliche Schulsystem grundlegend verändert. In den protestantischen Fürstentümern waren viele Pfarreien verwaist und Klöster geschlossen. Darunter litten auch die Schulen, die weitgehend von Kirchen und Klostergemeinden getragen waren. Martin Luther und Philipp Melanchthon erkannten die Gefahr dieser Situation: Sie forderten, daß die Städte die Verantwortung für die schulische Bildung übernehmen sollten. Der erste Grundstein für eine allgemeine staatliche Schulbildung, wie sie erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts erreicht wurde, war gelegt. Melanchthon machte es sich zur Lebensaufgabe, das Schul- und Universitätswesen zu reformieren. Deshalb wurde er von seinen Zeitgenossen "Praeceptor Germaniae", "Lehrer Deutschlands", genannt. Sein Anliegen war humanistisch und reformatorisch zugleich: Die Erziehung eines jeden Menschen ist notwendig, weil nur sie ihn mündig macht, in einer geordneten Gesellschaft zu leben, und weil sie ihn vorbereitet, das Evangelium zu hören und zu verstehen. Aus dieser Erkenntnis heraus setzte sich Melanchthon für die Schulpflicht für alle ein.

Städte wie Magdeburg, Eisleben und Nürnberg, die Schulen gründen wollten, wandten sich an Melanchthon um Rat. Dieser schlug eine Einteilung der Schüler in drei "Klassen" vor: Die erste sollte Lesen und Schreiben sowie Grundkenntnisse der lateinischen Grammatik und Sprache erlernen, die zweite ihre Lateinkenntnisse vertiefen und die dritte sich mit lateinischen Klassikern beschäftigen, sowie in Metrik, Dialektik und Rhetorik auf die Universität vorbereitet werden. Viele Rektoren, oft Melanchthons Schüler, hielten sich an diese Studienpläne. Seine Schulbücher wurden an fast allen protestantischen Schulen in Deutschland, vielfach auch im Ausland, als Standardlehrbücher eingeführt.

Während der Beiname Praeceptor Melanchthon schon zu Lebzeiten zugeeignet wurde, begegnen wir dem dazutretenden Attribut Germaniae ebenso wie dem Ehrennamen Phoenix, sogar mit dem Attribut Europae, gleich nach seinem Tod, nämlich in der posthumen Gedichtsammlung zu Ehren Melanchthons von Remigius Wasomburg, Cardanus Parcus und Samson Hamiochus:

Fama posthuma revenrendi et clarissimi viri domini Philippi Melanchthonis, Europae Phoenici, comunis bonorum omnium Praeceptoris, Frankfurt 1560.

Dort auf Seite 3 wird Melanchthon "communis Germaniae Praeceptor" genannt.



Remigius Wasomburg, Cardanus Parcus und Samson Hamiochus



Philippus Melanchthon, Germaniae Phoenix
Kupferstich, Ende 16. Jhd.






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